Unser Beitrag basiert auf dem Beitrag Ecole Usti vom 15.05.23:

Gedenken in Lety 14.5.2023

Am 14.5.2023 fand in Lety bei Písek die jährliche Gedenkfeier für die Opfer des Porajmos statt. Nach fast dreißig Jahren war es das erste Mal, dass ein tschechischer Staatspräsident an teilnahm. Staatspräsident Petr Pavel erkannte die Notwendigkeit zur Aufarbeitung an.

In dem ehemaligen Konzentrationslager wurden mehrere hundert Sinti und Roma gefangen gehalten und im Mai 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Fast alle tschechischen Sinti und Roma sind während der nationalsozialistischen Besatzung ermordet worden. 

Auf dem Gelände des ehemaligen KZ Lety (bei Písek) wurde noch bis 2018 eine Schweinemastanstalt betrieben. Seit den 1990iger Jahren war dagegen von Angehörigen der ermordeten Familien und der tschechischen und europäischen Zivilgesellschaft protestiert worden. Im Jahr 2018 wurde die Schweinemast endlich geschlossen und das Gelände vom Staat gekauft.

Der diesjährige Auftritt der tschechischen Regierung beim Gedenken in Lety ist bemerkenswert. Die Redner*innen erkannten die Beteiligung auch von tschechischen Wachmannschaften an den Verbrechen des Porajmos an. Insgesamt wurde der Wille bekundet ein neues Kapitel in der Geschichte des Konzentrationslagers Lety und dem Umgang damit aufzuschlagen. Im kommenden Jahr soll die Gedenkstätte fertig gestellt werden. 

Die Rede des Menschenrechtsaktivisten Miroslav Brož der NGO Konexe aus Ústí nad Labem sorgte zum Schluss der Veranstaltung noch einmal für Aufsehen. Herr Brož erkannte die gemachten Fortschritte an, kritisierte aber deutlich das nach wie vor segregierte Schulsystem, welches Kindern aus Romafamilien konsequent und systematisch den Zugang zum Regelschulsystem und damit zu einer Chance auf Bildung und Ausbildung versperrt. Weiterhin kritisierte er den Umgang mit ukrainischen Rom*nja im Jahr 2022, die im Gegensatz zu weißen ukrainischen Geflüchteten, mit massiver Zurück- und Ausweisung konfrontiert wurden. 

Außerdem unterstrich Herr Brož die Notwendigkeit sich mit Polizeigewalt gegenüber Roma auseinanderzusetzen, wie der Fall des wahrscheinlich von Polizisten getöteten Stanislav Tomáš zeige.

Das Tschechische Fernsehen und der Infonewsserver http://www.romea.cz übertrugen die gesamte Gedenkveranstaltung live und berichteten umfangreich. Die Reden lassen sich auf Englisch nachlesen.

Staatspräsident Petr Pavel twitterte am Sonntag: „Der Kampf für Freiheit und Menschenrechte ist heute genauso relevant wie in der Vergangenheit. In Lety haben wir das Andenken der Roma und Sinti-Opfer des Holocaust gewürdigt. Wir müssen uns an diese Ereignisse erinnern und gleichzeitig daraus lernen. Der Wert des menschlichen Lebens wird nicht durch die ethnische Zugehörigkeit bestimmt. Wir haben alle das gleiche Recht auf Leben.“ Quelle: twitter.com


Mission Lifeline Vorberichterstattung vom 13.5.2023

Radio Prag 15.5.23

Frankfurter Rundschau vom 15.5.23